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Entrepreneurship im digitalen Wandel

In dem Maße, wie agile Unternehmensformen im Zuge der Digitalisierung eingeführt und damit verbundene institutionalisierte Organigramm- und Policy-basierte Firmenvereinbarungen durch individuelle und interpersonelle Vereinbarungen abgelöst werden, verändert sich das Anforderungsprofil der Unternehmensführung.

Neben Mind-, Skill- und Toolset benötigen die ‚Führungseliten 2.0‘ Persönlichkeit, sowie kognitive, soziale, emotionale und spirituelle Intelligenz, um über authentisches und sinnstiftendes Storytelling interne und externe Mitarbeiter dazu zu motivieren, auf ein gemeinsames Ziel einzuzahlen oder zumindest einem gemeinsamen Ressourcenpool beizutreten, um gewünschte Skalen- und Teameffekte zu erzielen.

 

Digitaler Wandel bedeutet - wie jeder Change Process - zunächst die Aufgabe von Automatismen, Vertrautem und Gewohnheiten, was immer mit einem größeren Energieaufwand einhergeht. Selbstorganisation, Offenheit und ausgeprägte Kommunikationsfähigkeiten sind Voraussetzungen, um den Wandel zu gestalten statt nur auf die Veränderungen zu reagieren. Fairness, Teilen und Teilhabe sind darüber hinaus Wesenselemente eines neuen selbstbestimmten Anspruches unserer Gesellschaft - und damit potentieller Follower.  Ferner ist der Digitalisierung die Exponentialität immanent, die dem Change Process eine nie zuvor beobachtete Dynamik verleiht. All dies erfordert eine neue Generation an Entrepreneurship, die althergebrachte Tugenden, wie methodische Orga, soziale Kompetenz, Führen durch Setzen von klaren Zielen und Leitplanken, das aus dem Spitzensport übertragene Teambuilding mit Eliteanspruch, aber auch Resilienz nicht aus den Augen verlieren sollte. Die Erarbeitung gemeinsamer Vision-Mission-Values ist wichtiger denn je, wobei dem Führungspersonal vornehmlich eine Prozessverantwortung zukommt, das kreative Potential im Team zu heben.

Neue Organisationsformen

 

Geprägt durch die Geschichte unterschiedlicher Gesellschaftsformen sind heutige Unternehmensorganisationen und -kulturen immer noch stark autokratisch bis militaristisch geprägt und einseitig auf Effizienzmaximierung optimiert. Das hierarchische Prinzip des ‚Anweisen und Ausführen‘ wird jedoch zunehmend durch Diversität, Ambidextrie und Collaboration abgelöst. Ähnlich wie bei der Entwicklung der Softwarelösungen vom proprietären Walled Garden hin zur Open Source Plattform öffnen sich Unternehmen allmählich, um Ressourcen auch außerhalb des eigenen Vergütungssystems für sich nutzbar zu machen. Aus dem klassischen Human Ressource Manager wird so ein Community Manager mit einem verschobenen Aufgabenprofil, weg von Arbeitsorganisation (Zeit, Sicherheit, Entlohnung) hin zu Community Development (Akquisition, Bildung, Kommunikation). Dieser Kulturwandel muss allerdings von der Unternehmensführung gewollt, initiiert und vorgelebt werden. Daraus ergeben sich ganz neue Anforderungsprofile und ein geändertes Rollenverständnis für Gründer und Entrepreneure.

 

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Open Workspace

Die Digitalisierung erfasst alle Bereiche des Lebens und unser Berufsleben wird zunehmend Software-zentristischer. Somit finden Software-Entwicklungsmethoden Anwendung in allen Unternehmensbereichen und Managementfunktionen bis hin zur Unternehmensführung. Besonders die mitteloptimierenden agilen Methoden und Prozesse wie Scrum, Kanban, Crystal u.a. erfreuen sich mit ihren iterativen Ansätzen und Tools in der internen Zusammenarbeit wie auch in der Kundeninteraktion zunehmender Beliebtheit. Immer kürzere Produktzyklen erfordern die Ermittlung von Nutzen und Nutzbarkeit neuer Produkte parallel zum Entwicklungsprozess, so dass man Richtungsänderungen frühzeitig antizipieren kann und die vorhandenen Ressourcen agil den Anforderungen anpasst - wie ein atmender adaptiver Organismus. In der Fehler-intoleranten Produktion finden agile Prozesse nur langsam, in der Regel in Hybridform mit klassischen Methoden, Einzug. Hier dienen vornehmlich Algorithmen als deterministische Handlungsanweisungen zur Automatisierung und Prozessoptimierung auf ein vordefiniertes Ziel einzuzahlen. In diesem kausalen Ansatz werden die Mittel dem Ziel optimiert angepasst.

 

Traditionell wurden prozessorientierte Aufgaben von kreativen Funktionen wie Research, Design und evtl. Marketing organisatorisch streng getrennt, da die Unterschiede in benötigten Skills und einer anderen Herangehensweise offensichtlich sind. Im kreativen Bereich finden agile Methoden wie ‚Design Thinking‘ und neue kollaborative Ansätze wie ‚Working out loud‘ großen Anklang. Hier zeigt sich ein mittelorientiertes Vorgehen, wo möglichst viele Zieloptionen offengehalten und je nach vorhandenen Mitteln dynamisch priorisiert werden. Das Vorgehen ist durch die Definition des leistbaren Verlustes in Grenzen fehlertolerant ausgelegt. Es gibt zahlreiche Untersuchungen, die nachweisen, dass StartUps mit einer effektuativen Herangehensweise der Gründer in der Regel die größeren Erfolgsaussichten haben. Im Wachstumsprozess werden dann zunehmend kausale Strukturen und Prozesse benötigt, die unter Umständen neue Führungstalente erfordern. Die strikte Trennung dieser beiden Welten weicht zunehmend auf, wodurch die neue Generation an Entrepreneurship virtuos mit mitteloptimierter Zielorientierung sowie mittelorientierter Zieloptimierung umgehen können sollte.

 

Und die MitarbeiterInnen?

 

Trendsetzende Software-Giganten aus dem Silicon Valley treffen ganz neue Aufteilungen zwischen den beiden Herangehensweisen: So legt Google zum Beispiel zur Orientierung der MitarbeiterInnen einen prozentualen Split fest. In der Software-Entwicklung spiegelt sich ‚Kreativität‘ ansatzweise in Künstlicher Intelligenz, durch Hinzufügen von Empirik und Heuristik sowie einer Metaebene zur Entwicklung von zielführenden Algorithmen und einem Bewertungssystem, Simulationen nach vorgegebenen ‚Gut‘-Definitionen zu verwerfen oder mittels ‚Mutationen‘ weiter zu optimieren, wider. Hier stehen wir erst am Anfang einer nächsten Stufe der Digitalisierung mit radikalem Impact auf Arbeit und Führung. Unternehmertum zeichnet sich immer mehr durch die richtige Wahl und den richtigen Einsatz der Mittel und die richtige Wahl der daraus sich ergebenden Zielkorridore aus.

 

In Unternehmen scheint erst heute langsam die Selbstverantwortung und Mitverantwortung gegenüber gemeinsamen Unternehmenszielen einzusetzen. Die funktionale Aufteilung in Unternehmer, Führung, Angestellter und Arbeiter geht in individuelle Mixturen aus Planen, Gestalten, Umsetzen und Lernen über, jedoch mit wohldefinierter, wenn auch dynamischer Verantwortlichkeit und dies über alle Lebensbereiche wie Versorgung, Verantwortung, Verwirklichung und Regeneration hinweg. In dem Maße, wie sich Arbeitszeit und -entlohnung und damit Arbeit als Ganzes neu definiert und Teil des ‚Lebens‘ ist, versorgungssichernd, sinnstiftend und werthaltig und dies möglichst universell nachhaltig, verliert die Work-Life-Balance im wörtlichen Sinne an Bedeutung. Erfolgreiche Unternehmer wissen die Bedürfnisse jedes Einzelnen zu adressieren und für die gemeinsamen Unternehmensziele zu instrumentalisieren. Die Stellschrauben hierzu sind vielschichtiger geworden, neben den Klassikern der Ent- sowie Belohnung, Arbeitszeiten und -orte sowie Verantwortung, stehen heute Fort- und Weiterbildung, gesellschaftlicher Beitrag, Unternehmenswerte, aber auch Brand und Image, Kollegialität, Kultur und Kommunikation, sowie eigene Wertschätzung im Zentrum des Interesses der MitarbeiterInnen.

Gruppentreffen

Aktuellen Trends zufolge setzt eine neue Generation an Gründern auf Authentizität, Diversität, Ambidextrie und Kollaboration im Spannungsfeld zwischen Vertrauen und Verantwortung statt auf Charisma und Visionen. Sinnstiftende Kommunikation und Aufgabenstellungen, Respekt dem Anderen sowie dem anders Sein gegenüber, eine auf Werten basierende Kultur, transparente Entscheidungsprozesse sowie ambitionierte, wettbewerbsorientierte Zielvorgaben entwickeln erfolgreiche Teams, wobei die Führungskraft sich vom Mannschaftskapitän zunehmend zum Coach weiterentwickelt.

Führung und Digitalisierung

 

Führung beginnt immer bei einem selbst. Strategie, Struktur, Prozesse (Automatismen), Kommunikation und methodische Organisation sind das Grundgerüst, Ziele in umsetzbare Handlungsschritte zu transferieren. Hinzu kommt die Fähigkeit, andere auf den Weg mitzunehmen, um eine Skalierbarkeit des Unterfangens zu erzielen. Dies wird auf absehbare Zeit von keiner Künstlichen Intelligenz geleistet werden können, wenn auch KI basierte Management-Assistenten unverzichtbar werden.

 

Fragt man CEOs bedeutender Unternehmen, ob sie sich als Teil einer Führungselite begreifen, bekommt man bestenfalls eine Zustimmung mit erheblichen Kontexteinschränkungen. Gute Führung ist erfahrbar, aber nicht messbar und wird heute noch überwiegend autodidaktisch entwickelt, am Ende werden die Mittel über die Ergebnisse wirtschaftlicher Kennzahlen gerechtfertigt. Der Begriff ‚Führungselite‘ steht für den Willen und die Fähigkeit, sich verantwortlichen Aufgaben zu stellen, in die Gesellschaft und das Unternehmen auf positive Weise hineinzuwirken und dabei möglichst viele Unterstützer und Mitstreiter zu gewinnen. Insofern ist es erstrebenswert, die Bildung von Leistungs- und Verantwortungseliten zu fördern und zu organisieren. Die Digitalisierung der Personalabteilung bietet dem Unternehmen neue Möglichkeiten, die Führungsperformance außerhalb wirtschaftlicher Kennzahlen beinahe in Echtzeit zu erfassen und Führungspersonal zielgerichteter auf die jeweiligen Herausforderungen vorzubereiten. Es fehlt jedoch ein überbetriebliches Führungsförderprogramm, das sicherstellt, dass jeder entsprechend seiner Fähigkeiten und Entwicklungsphase in dem für ihn optimal fördernden Umfeld sitzt und zudem Exzellenzkompetenzen vermittelt. Hier ist professionelle Karrierebegleitung gefragt, als Gegenstück zum Headhunter, der in der Regel die bestmöglich verfügbare Führungspersönlichkeit für den nächsten Schritt des Unternehmens sucht. Auch hier gibt es nur wenige allgemeingültige Leistungskriterien, um den Selektionsprozess objektivierbar zu machen. Das nächste große Betätigungsfeld für Künstliche Intelligenz? Die Digitalisierung hat mit der globalen Vernetzung den Weg von lokaler, über regionaler, nationaler hin zu globaler Elite stark verkürzt.

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m.partners GmbH, 08.05.2020

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